There is no planet B
IMA News · 11.05.20

Wie Krisen unser Leben verändern

Teil 1 der 4-teiligen Artikelserie: Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie befindet sich die Welt im Krisenmodus. Ländergrenzen werden geschlossen, Ausgangssperren verhängt, der weltweite Flugverkehr ist nahezu zum Erliegen gekommen. Doch wie kann es nach einer Krise weitergehen?

Ein Blick zurück und nach vorn

Die vergangenen 20 Jahre haben uns eine Vielzahl von Krisen und Katastrophen gebracht, die unser Leben nachhaltig beeinflusst haben:

  • Die Terroranschläge in den USA am 11. September 2001 haben nicht nur dort neue Gesetze hervorgebracht, die den Behörden ganz neue Zugriffmöglichkeiten auf Daten ermöglichen, beispielsweise zur Abwehr von Terrorfinanzierung. Auch die strengeren Sicherheitsvorschriften im Flugverkehr resultieren aus dieser Krise.
  • Die weltweite Finanzkrise und die Pleite der US-Großbank Lehman Brothers 2008 beschäftigen uns noch heute. Banken mussten mit Milliardensummen von Staaten gerettet werden, Länder wie Irland, Spanien oder Griechenland von der EU, der EZB und der dem Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgefangen. Unter den Niedrigzinsen leiden die Sparer bis heute. Die Vorschriften für Banken wurden deutlich verschärft, was sie heute besser vor der neuen Krise schützt.
  • Der Tsunami in Japan im Jahre 2011 tötete dort nicht nur zehntausende Menschen. Die Folgen der daraus resultierenden Reaktorkatastrophe von Fukushima hatte hierzulande ebenfalls große Auswirkungen. Der Ausstieg aus der Atomenergie wurde beschlossen, der Ausbau erneuerbarer Energien erheblich gefördert und ausgeweitet.
  • Auch die jetzige Corona-Pandemie wird unser Leben auf Dauer verändern. Die infolge der Globalisierung aufgebauten weltweiten Lieferketten wird es wahrscheinlich so nicht mehr geben. Und eigentlich täglich erleben wir alle die Möglichkeiten der Digitalisierung. Sei es im Homeoffice oder beim Homeschooling, beim Gymnastik- oder Musikkursus per Zoom, oder bei internationalen Konferenzen wie der gemeinsamen turnusmäßigen Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank, zu der normalerweise Politiker, Notenbanker und Vertreter der Geldhäuser in Washington zusammenkommen. Dieses Jahr fand sie virtuell im Internet statt.

Ad-hoc-Krise und schleichende Krise

Das sind die Unterschiede. Die vier genannten Beispiele zeigen auch die beiden klassischen Krisentypen: die Ad-hoc-Krise und die schleichende. Sowohl der 11. September 2001 als auch der Tsunami in Japan gehören in die erste Kategorie. Beide Ereignisse geschahen unvermittelt und waren kaum vorhersehbar. Anders die Finanzkrise und die heutige Pandemie. In beiden Fällen vollzog sich der Verlauf relativ langsam. So begann die Finanzkrise in den USA bereits im Frühjahr 2007 fast eineinhalb Jahre vor dem Lehman-Zusammenbruch mit einem deutlichen Anstieg von Zahlungsausfällen bei Immobilienkrediten. Und auch die Corona-Krise nahm schon vor Monaten ihren Lauf.

Doch wie läuft solch eine Krise ab, welche Gesetzmäßigkeiten gibt es? Frank Roselieb, Direktor des Instituts für Krisenforschung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, hat im „Hamburger Abendblatt“ jüngst acht Phasen im Umgang mit einer Pandemie identifiziert:

  • Aufklären: Häufiges Händewaschen und die richtige Nies- und Hustenetikette schützen.
  • Appellieren: Abstand halten, wenn möglich im Homeoffice arbeiten.
  • Anordnen: Erste Schulschließungen, in Restaurants nur mit großem Abstand zu anderen sitzen.
  • Abriegeln: Kinderspielplätze geschlossen.
  • Abschotten: Grenzen geschlossen, Versammlungen von mehr als zwei Personen im öffentlichen Raum verboten.
  • Abwickeln: Nicht überlebensfähige Unternehmen abwickeln.
  • Aufheben: Langsame Lockerung der strengen Vorschriften.
  • Aufarbeiten: Antworten auf diese Fragen finden: Was ist schief gelaufen? Was können wir künftig besser machen?

Die Corona-Pandemie hat auch etwas Gutes

Noch haben wir die letzte Phase nicht erreicht. Doch die Welt, wie wir sie kennen, löse sich gerade auf. Darauf folgen werde eine neue Welt, deren Formung wir zumindest erahnen können, ordnete der Zukunftsforscher Matthias Horx jüngst in einem Gastbeitrag für die „Absatzwirtschaft“ ein. Zudem betonte er die positiven Entwicklungen in der Krise: Körperliche Distanz erschuf neue Nähe. Menschen sind emotional wieder enger zusammengerückt, Freunde wurden verstärkt kontaktiert, Einkäufe für andere erledigt.

Und es zeichnen sich bereits erste Konturen der möglichen künftigen Veränderungen ab. So will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil das Recht auf das Arbeiten im Homeoffice gesetzlich verankern. Und ob künftig noch für eine Zwei-Stunden-Konferenz von München nach Hamburg geflogen werden muss, wird sicherlich nach den jetzt gemachten Erfahrungen mit Videokonferenzen immer wieder in Frage gestellt werden.

Überhaupt wird die Digitalisierung einen zusätzlichen Schub bekommen. Öffentliche Verwaltungen und Unternehmen werden ihre Anstrengungen verstärken. Nachdem Amazon die Auslieferung von Büchern hierzulande zunächst gestoppt hatte, um wichtigere Artikel verschicken zu können, stellten die Buchhandlungen ihre Bestellmöglichkeiten im Internet öffentlich heraus und lieferten nach Hause. Und auch die Beantragung staatlicher Hilfen konnte sehr schnell online erfolgen.

Es bleibt also spannend weiterhin zu verfolgen, wie viel von diesem digitalen Aufbruch in das Leben nach der Krise gerettet werden kann.

Mann mit Mundschutz IMA News
#Innovatives Management

Verwaltungen haben in der Krise neue Anwen­dungen geschaffen

Teil 2 der 4-teiligen Artikelserie: Die Corona-Pandemie hat in vielen Bereichen die Vorzüge einer umfassenden Digitalisierung gezeigt. Sie hat aber auch offengelegt, wo Handlungsbedarf notwendig ist. Welche Chancen die Krise für den digitalen Umbau unserer Verwaltungen bietet, erklärt Dr. Ariane Berger vom Deutschen Landkreistag im Interview.