Pressemitteilungen · 05.11.19

Wie Ver­wal­tungen den Turbo zu­schalten

Auf dem 19. Kongress „Innovatives Management“ in Lübeck gingen rund 300 Führungskräfte aus Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft der Frage nach, wie die Digitalisierung im öffentlichen Bereich schneller gelingen kann. Nach lebendigen Impulsvorträgen, Diskussionen und Werkstätten teilten alle Teilnehmer:innen die Erkenntnis: Erfolg bei der Digitalisierung hat, wer kooperativ zusammenarbeitet.

Rückblick auf den Kongress „Innovatives Management“ 2019

Wie gelingt die Digitalisierung von 575 Verwaltungsleistungen laut Onlinezugangsgesetz? Wie lässt sich der Verkehrsfluss in Städten optimieren? Wie sieht die Zukunft der Verwaltung in Zeiten von Quantencomputing und Bot Economies aus?

Diese und viele weitere Praxisfragen diskutierten die 300 Teilnehmer:innen bei der diesjährigen Ausgabe des Kongresses „Innovatives Management“ in Lübeck. Dass die Antworten in der smarten Umsetzung von digitalen Prozessen zu finden sind, zeigten die unterschiedlichen Beiträge deutlich. Digitalisierung ist demnach der Motor, der heute Takt und Tempo in Gesellschaft und Verwaltung vorgibt.

In deutschen Verwaltungen lässt jedoch insbesondere die Geschwindigkeit der Digitalisierung noch „viel Luft nach oben“. Dies belegten zuletzt verschiedene Statistiken, die Wolfgang Kubicki, Vizepräsident des Deutschen Bundestags und stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP, in seinem Impuls zitierte. Dass die Kommunikation im Bundestag zum Großteil immer noch papierbasiert oder per Fax erfolgt, ist für ihn nicht mehr zeitgemäß und mit Blick auf die Umwelt auch nicht akzeptabel.

„Die Digitalisierung bietet große Chancen, um durch nutzerfreundliche Angebote ein Höchstmaß an Ansprechbarkeit zu gewährleisten. Hier müssen Staat und Verwaltung mit gutem Vorbild vorangehen."

Wolfgang Kubicki Vizepräsident des Deutschen Bundestags und stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP

Digitalisierung – die größte Herausforderung unserer Zeit

Kubicki sieht eine „große Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands“ in der Tatsache, dass die deutsche Verwaltung nicht zu den „digitalen Vorreitern“ zählt. Unternehmen und Bürger:innen erwarten heutzutage unkomplizierte Verwaltungsservices, die rund um die Uhr ortsunabhängig genutzt werden können. Zentrale Erfolgsfaktoren sieht er im Ausbau der digitalen Infrastruktur, in der Entwicklung einer ganzheitlichen und zentral verantworteten Digitalisierungsstrategie sowie in der mentalen Vorbereitung der Mitarbeiter:innen in den Verwaltungen.

Für Ina-Maria Ulbrich, Staatssekretärin im Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern, steht fest: „Die Digitalisierung wird die Kultur in den Verwaltungen massiv verändern“. Der notwendige Wandel erfolge jedoch zu langsam, da Verwaltungen noch zu stark in Zuständigkeiten und Abhängigkeiten denken. Ina-Maria Ulbrich forderte daher auf, die Sicht der Bürger:innen und Unternehmen einzunehmen, um das Vertrauen in den Staat wieder herzustellen.

„Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung gelingt besser und schneller, wenn Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung miteinander kooperieren.“

Rolf Sahre Gastgeber des Kongresses „Innovatives Management" und Vorstandsvorsitzender MACH AG bis Oktober 2021

Rolf Sahre gründete inspiriert von seinen Reisen ins Silicon Valley gemeinsam mit der Universität zu Lübeck und mit Unterstützung der Landesregierung Schleswig-Holsteins das Joint Innovation Lab (JIL). Prof. Dr. Moreen Heine, Head of Joint Innovation Lab und Professorin für E-Government und Open Data Ecosystems an der Universität zu Lübeck, bezeichnete die Zusammenarbeit in Netzwerken, wie sie im Joint Innovation Lab praktiziert wird, als aussichtsreich, da „die heutigen Herausforderungen in der öffentlichen Verwaltung kein Akteur mehr allein lösen kann". Als Erfolgsfaktoren der Zusammenarbeit sieht Prof. Heine den Willen zur gemeinsamen Umsetzung, sowie die Offenheit und Bereitschaft, Wissen auszutauschen.

Für Jan Lindenau, Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, entstehen durch Kooperationen „völlig neue Lösungsansätze und Produkte“. Erfolgreich ist seiner Meinung nach die Zusammenarbeit von Technischer Hochschule, Universität, Wirtschaft und Stadtwerken in Lübeck angelaufen, um Fragen der Mobilität und Echtzeitdatennutzung gemeinsam anzugehen.

Welches Zukunftsbild malt die öffentliche Verwaltung?

Der renommierte Zukunftsforscher Sven-Gabor Janszky nahm die Teilnehmer:innen des Kongresses mit auf eine Reise in die Zukunft. Er skizzierte zwei Vorstellungen von Zukunft: Pessimisten, die z. B. Angst davor haben, dass KI zu Jobverlusten führt, stehen Optimisten gegenüber, die in der Zukunft viele Chancen und neue Möglichkeiten sehen, die das Leben besser machen. In der Folge entstehe ein „Reality Gap“, das es zu gestalten gilt. Technologie-Optimisten investierten bereits heute Millionen in Innovationen, die nach menschlicher Unsterblichkeit streben, weil sie fest an diese Vision glauben. Der Verwaltung hingegen fehle ein visionäres Zukunftsbild.

„Wenn Zukunft vorhersagbar wird und Bots den Alltag prägen, müssen Verwaltungen klären, wie sie damit umgehen und welche Aufgaben und Rollen sie in Zukunft übernehmen.“

Sven-Gabor Janszky Zukunftsforscher, Gründer und Leiter von 2b AHEAD ThinkTank

Technologisch betrachtet, sieht Janszky die Zukunft in Quantencomputern, die durch Analyse riesiger Datenmengen immer besser darin werden, zukünftige Ereignisse vorherzusagen. Er ist sich sicher, dass die Menschen den datenbasierten Aussagen von Maschinen zukünftig eher vertrauen, als anderen Menschen oder sich selbst. Zusätzlich werden Bots Aufgaben wie Terminvereinbarungen für Menschen übernehmen. Doch, dass Menschen aufgrund dieser Entwicklung arbeitslos werden, ist für Janszky unwahrscheinlich, wenngleich Experten ihr Geld zukünftig eher als Coach verdienen, die andere befähigen, etwas zu tun.

Echtzeitdaten sind die „Öllampen“ der Zukunft

Weiterhin werde sich das Verständnis von Daten ändern: Während heutzutage zum Großteil statische Daten, wie Namen und Adressen in Tabellen festgehalten werden, sieht Janszky in Echtzeitdaten bzw. dem Zugang zu Echtzeitdaten-Ökosystemen die „Öllampen“ der Zukunft. Gleichzeitig sei es bereits heute möglich, Computer durch menschliche Gedanken zu steuern und Emotionen zu messen. Verwaltungen müssten sich fragen, was das für sie bedeutet und welcher Nutzen sich daraus ergibt. Für Sven-Gabor Janszky steht am Ende etwas Positives, wobei die Ethik-Frage für viele Entwicklungen noch zu beantworten sei. Schlussendlich trage jede:r Entscheider:in in der Verwaltung Verantwortung, die Lücke zwischen beiden Zukunftsrealitäten zu gestalten, denn darin liegt die Chance, die Welt für zukünftige Generationen besser zu machen.

„Innovatives Management“ im Video-Rückblick

Youtube Video Poster Play

YouTube nicht erlaubt

An dieser Stelle finden Sie ein Video von Youtube. Mit einem Klick können Sie dieses anzeigen lassen. Damit sind Sie einverstanden, dass Ihnen externe Inhalte angezeigt werden und Sie akzeptieren sämtliche Marketing-Cookies. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.

Zündet das Onlinezugangsgesetz den Turbo?

Zurück in die Gegenwart führten Diskussionen rund um die aktuellen Herausforderungen zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Stephan Noller, Geschäftsführer der ubirch GmbH und Vizepräsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V., verglich das Onlinezugangsgesetz mit der Mondlandung als einen guten Ansatz, der „wirklich etwas bewegen“ wird in Deutschland.

Privatdozentin Dr. Ariane Berger, Referentin für eGovernment und Verwaltungsorganisation im Deutschen Landkreistag und Mitglied des IT-Planungsrates, teilt diese Ansicht und sieht in der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes mit Laboren, in denen Kommunalvertrer:innen auf Landes- und Bundesmitarbeiter:innen treffen, eine „echte Revolution“.

Wie Digitalisierung schneller gelingt

Beschleunigen lässt sich Digitalisierung laut Stephan Noller durch positive Rahmenbedingungen, wie sie z. B. aktuell durch die Blockchain-Strategie der Bundesregierung entstehen. Zudem seien Startups gute Vorbilder, die zeigen, wie schnelles Arbeiten in kurzen Zyklen funktioniert und wie aus Fehlern gelernt wird. Entscheidend sei, die Mitarbeiter:innen zu identifizieren, die etwas bewegen wollen und diese in ihren Vorhaben zu unterstützen, sagte Stephan Noller. Dabei müsse es Verwaltungen gelingen, den Experimentierstatus zu überwinden und Lösungen zu entwickeln, die in der Fläche verlässlich funktionieren.

Die Teilnehmer:innen des Kongresses vertieften die Impulse und Erkenntnisse des Vormittags in 10 Werkstätten rund um die Themen Data Driven Government, Kooperationen und smarte Stadtentwicklung in Kommunen bis hin zur OZG-Umsetzung. Im hochkarätig besetzten Startup-Pitch setzte sich das junge Unternehmen vialytics durch, das mithilfe von Künstlicher Intelligenz Schlaglöcher für Straßenbauämter analysieren und auf Basis dieser Daten Präventionsarbeit leisten kann, um größere Schäden zu vermeiden.

Medien-Informationen

Highlights der Veranstaltung in Bildern