Mitarbeiter-Blog · Martin Scholz · 11.10.18

Neuregelung des § 2b UStG

Die Neuregelung des § 2b im Umsatzsteuergesetz wirft viele Fragen auf, die nicht nur Kirchenverwaltungen betreffen. Was sich ändert und was bleibt.

Von Würstchen und Pfarrfesten

Wenn wir über die Neuregelung des § 2b UStG sprechen, dann geht es auch um die Wurst. Bislang war es ganz einfach. Nehmen wir an, eine Kirchengemeinde veranstaltete ihr alljährliches Pfarrfest: Würstchen wurden eingekauft, gegrillt, verkauft und der Erlös für einen guten Zweck verwendet. Die Kirchengemeinde als Körperschaft öffentlichen Rechts war umsatzsteuerrechtlich als hoheitliche Körperschaft eingestuft. Ihre Umsätze wurden nicht berücksichtigt, solange sich hieraus kein „Betrieb“ mit einer Wertgrenze von 35.000 Euro begründete. Das lag in den seltensten Fällen vor, schon gar nicht bei einem kleinen Pfarrfest.

Einführung des § 2b UStG

Aber: Sowohl der Bundesfinanzhof als auch der Europäische Gerichtshof hegten seit langer Zeit Bedenken, da die gelebte Praxis den Wettbewerb verzerren konnte. So urteilte der Bundesfinanzhof, dass private Unternehmen im Wettbewerb mit öffentlichen Einrichtungen nicht benachteiligt werden dürfen. Dies hat der Gesetzgeber durch die Einführung des § 2b UStG nun geregelt.

"Private Unternehmen dürfen im Wettbewerb mit öffentlichen Einrichtungen nicht benachteiligt werden."

Bundesfinanzhof

Was ändert sich?

Seit dem 1. Januar 2017 gilt eine Neuregelung. Allerdings konnte eine Übergangsregelung beantragt werden, die eine Anwendung des alten Rechts bis zum 31. Dezember 2020 ermöglicht. Die Neureglung bzw. Einführung des § 2b UStG sieht folgende Änderungen vor:

Geltungsbereich

Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts gelten generell als Unternehmer mit folgenden Ausnahmen:

  • ihr Handeln erfolgt im Rahmen der öffentlichen Gewalt (Hoheitsakt).
  • ihre Tätigkeit bewirkt keine Wettbewerbsverzerrung.

Wettbewerbsverzerrung

Eine Wettbewerbsverzerrung liegt vor, sofern die gesamte Körperschaft mit der Tätigkeit bzw. gleichartigen Tätigkeiten einen Umsatz von über 17.500 Euro erzielt.

Ausnahme

Leistungen der öffentlichen Hand im Rahmen von Beistandsleistungen, Kostenerstattungen stellen keine Wettbewerbsverzerrung dar.

Was bedeutet das für das Pfarrfest?

  • Prinzipiell besitzt die Kirchengemeinde als juristische Körperschaft öffentlichen Rechts die Unternehmereigenschaft. Diese Unternehmereigenschaft bezieht sich auf die komplette Tätigkeit mit Ausnahme der hoheitlichen Tätigkeiten (z. B. kirchliche Handlungen).
  • Die Erlöse aus unserem Pfarrfest unterliegen jedoch nicht der hoheitlichen Tätigkeit. Stattdessen werden sie im Wettbewerb mit beispielsweise Metzgern und der Gastronomie erwirtschaftet.
  • Unterscheiten die Umsätze aus Bewirtung und Getränkeverkäufen die Schwelle von 17.500 Euro, verändert sich nichts.
  • Übersteigen die Umsätze diesen Wert, so sind sie nun umsatzsteuerrechtlich zu versteuern. Somit wird für die Tätigkeit auch der Vorsteuerabzug möglich.

Konsequenzen für Kirchen­gemeinden

Unternehmer­eigen­schaft:

Da Kirchengemeinden als Unternehmer gelten, müssen Rechnungen für Leistungen (mit Ausnahme hoheitlicher Leistungen und Leistungen ohne Wettbewerbsverzerrung) korrekt und mit Umsatzsteuerausweis ausgestellt werden.

Prüfung der Geschäfts­vorfälle

Vorgänge aus innergemeinschaftlichem Erwerb gegenüber der Kirchengemeinde werden als eine Beziehung zweier Unternehmen betrachtet.

Buchhaltung und Steuer­schlüssel

Kirchengemeinden müssen sicherstellen, dass die Geschäftsvorfälle in der Buchhaltung korrekt mit den jeweiligen Steuerschlüsseln gebucht werden. Umsätze sind gegenüber dem Finanzamt zu melden und die Zahllast ist abzuführen.

Einnahmenaus­weis und Ein­nahmen­inventur

Es liegt keine Wettbewerbsverzerrung vor, wenn die Umsätze aus einer gleichartigen Tätigkeit 17.500 Euro im Kalenderjahr unterschreiten. Die Kirchengemeinde muss nachweisen, in welcher Höhe Umsätze für die Leistung erzielt wurden. Hierfür sind die Einnahmen zu prüfen und zu bewerten.

Unternehmens­struktur

Im Rahmen der Einnahmeninventur ist zu prüfen, inwiefern es sich um steuerpflichtige Leistungen nach § 2b UStG handelt oder die Leistungen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründen.

Größe und Grenze des Unternehmens

Die Regelung betrifft die gesamte Körperschaft als steuerliches Subjekt. Bei der Fusion von Kirchengemeinden bezieht sich die Regelung also auf die neu gebildete Einheit. Da Großpfarreien höhere Umsätze erzielen als Einzelpfarreien sind sie häufiger von der Neuregelung des § 2b UStG betroffen.

Wen betrifft die Neuregelung noch?

Die neue Regelung betrifft alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die außerhalb der hoheitlichen Aufgaben tätig werden. Der Monatsbericht 04/2017 des Bundesfinanzministeriums wies folgende Zielgruppe aus:

„Betroffen sind von der Neuregelung alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände, Zweckverbände), die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften, die Innungen, Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, die staatlichen Hochschulen, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und sonstige Gebilde, die aufgrund öffentlichen Rechts eigene Rechtspersönlichkeit besitzen. Dazu gehören neben Körperschaften auch Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.“

Bundesfinanzministerium Monatsbericht  04/2017

Was ist jetzt zu tun?

Das Bundesfinanzministerium kommt zu folgendem Schluss:

„Mit der neuen Regelung des § 2b UStG kommen auf viele juristische Personen des öffentlichen Rechts große Umwälzungen zu, die eine genaue Analyse der bestehenden Strukturen und Prozesse erforderlich machen.“

Bundesfinanzministerium Monatsbericht  04/2017

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