Arbeiten während einer Pandemie: Vom Büro ins Homeoffice
News · 21.12.20

Verwaltung & Corona – Stresstest bestanden?

Die kürzlich veröffentlichte Studie „Verwaltung in Krisenzeiten“ der Beratungsagentur Next:Public liefert neueste Erkenntnisse darüber, wie die öffentliche Verwaltung auf die Veränderungen durch die Corona-Pandemie reagiert hat. Dr. Annika Wederhake und Monja Denkert kommentieren die Ergebnisse der Studie und zeigen, wo noch Handlungsbedarf besteht.

Das „neue Normal“ in der Verwaltung

Die Corona-Krise fordert uns alle heraus – beruflich wie privat müssen wir uns seit nunmehr fast einem Jahr mit veränderten Vorgaben, Rahmenbedingungen und Abläufen arrangieren. Das kostet Energie und erfordert ein hohes Maß an Flexibilität. Die kürzlich veröffentlichte Studie „Verwaltung in Krisenzeiten“ der Beratungsagentur next:public zeigt auf, wie die öffentliche Verwaltung auf die neue Situation reagiert hat: Was funktioniert gut und soll beibehalten werden? Worin bestehen Schwierigkeiten? Wie steht es um die Arbeit im Homeoffice? Und wie finden sich Mitarbeiter:innen mit den neuen Rahmenbedingungen zurecht?

Wie haben Sie die öffentliche Verwaltung in den letzten Wochen und Monaten erlebt? Welche Beobachtungen finden Sie in der Studie „Verwaltung in Krisenzeiten“ wieder?

Dr. Annika Wederhake: Die Verwaltung funktioniert – auch in Krisenzeiten. Der Großteil der Befragten gab an, dass er bei der Bearbeitung seiner Aufgaben nicht oder nur geringfügig eingeschränkt war. Jede:r Vierte war sogar der Ansicht, dass die derzeitige Situation gar keine Einschränkungen für die alltäglichen Aufgaben mit sich bringt. Dennoch sei zu ergänzen, dass dieser Umstand für beinahe die Hälfte der Befragten mit einem erhöhten Arbeitsaufkommen einhergeht. Dementsprechend attestierte über die Hälfte der befragten Verwaltungsmitarbeiter:innen ihrer Behörde auch trotz Corona-Pandemie eine sehr gute Leistungsfähigkeit. Bei genauerer Betrachtung der Zahlen lässt sich jedoch erkennen, dass insbesondere die Behörden in ihrer Leistungsfähigkeit hoch eingeschätzt werden, die ihren Mitarbeiter:innen die Arbeit im Homeoffice ermöglichten.

„Beim Umzug in die Homeoffices war deutlich sichtbar: Es reicht nicht aus, allein technische Lösungen zur Bewältigung des Alltagsgeschäfts zu schaffen.“

Dr. Annika Wederhake Geschäftsfeldmanagerin Digitalisierungsberatung bei MACH

Veränderung der Arbeitsabläufe: Stärken und Schwachpunkte aufgedeckt

Welche Beobachtungen und Erkenntnisse nehmen Sie aus der Pandemie mit?

Monja Denkert: In bisherigen Diskussionen stand vor allem die Ausfallsicherheit digitaler Systeme der öffentlichen Verwaltung im Fokus. Notfallpläne befassten sich häufig damit, einen möglichen Ausfall der IT aufzufangen. Die Corona-Krise hat jedoch gezeigt, dass auch die analoge Bearbeitung von einem Tag auf den anderen „ausfallen“ kann. In diesem Moment hatten Behörden, die in der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse schon weiter vorangeschritten waren, einen deutlichen Vorteil. Denn die Umstellung der Arbeitsabläufe während der Corona-Pandemie dient auch als Brennglas für Optimierungspotenziale: Jede Schwäche in den Geschäftsprozessen wurde binnen kürzester Zeit offensichtlich.

Hohe Papieraufkommen, unklare Arbeitsabläufe, fehlender Zugriff auf Informationen in Echtzeit und komplexe IT-Landschaften sind typische Schwachpunkte, mit denen Verwaltungen besonders zu kämpfen hatten. Weitergehend zeigte sich, dass es große Verbesserungspotenziale bei der technischen Ausstattung der Mitarbeiter:innen gibt. Nur die Hälfte der Befragten verfügte über einen Dienstlaptop. Aus diesem Grund griffen viele auf private Technik zurück, um arbeitsfähig zu bleiben. Grundsätzlich zeigte sich: Behörden, die bereits vor Corona-Zeiten in Digitalisierung investiert haben, sind in der Krise resilienter als Behörden, die nun ruckartig digitalisieren müssen.

Digitale Resilienz: Ein wichtiger Erfolgsfaktor

Wie ist Verwaltungen der Umzug ins Homeoffice gelungen? Worauf kam es besonders an?

Dr. Annika Wederhake: Beim Umzug in die Homeoffices war deutlich sichtbar: Es reicht nicht aus, allein technische Lösungen zur Bewältigung des Alltagsgeschäfts zu schaffen. Jede:r vierte Befragte gab an, dass die Kommunikation mit den Kolleg:innen als herausfordernd empfunden wurde. Auch der informelle Austausch mit den Kolleg:innen fehlte knapp 40 Prozent der Befragten. Der Umzug ins Homeoffice bedingt daher auch neue Formen der Zusammenarbeit und verlangt den Mitarbeiter:innen ein hohes Maß an Flexibilität ab. Gerade Führungskräfte sind in diesen Zeiten gefordert, Change-Prozesse aktiv zu gestalten und als Vorbild zu agieren.

Der Erfolg von Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung wird maßgeblich von den Mitarbeiter:innen getragen. Während der Krise hat sich deutlich gezeigt, mit welchem Einsatz Verwaltungsmitarbeiter:innen einem erhöhten Arbeitsaufkommen begegnet sind und sich zugleich in eine veränderte Arbeitsumgebung eingefunden haben. Für eine erfolgreiche Digitalisierung sind also Mitarbeiter:innen gefragt, die mit ihrer Expertise und intrinsischer Motivation Geschäftsprozesse neu gestalten und bereit sind, Veränderungen als alltäglichen Zustand zu betrachten.

„Die Corona-Pandemie ist Impulsgeber und Katalysator für Digitalisierungsvorhaben. Bestehende Prozesse wurden in einer beeindruckenden Kurzfristigkeit den neuen Umständen angepasst.“

Monja Denkert Projektleiterin und Prozessberaterin bei der MACH AG
Monja Denkert | © MACH AG

Ausnahmezustand oder „neues Normal“? – Ein Blick in die Zukunft

Was lässt sich aus der Pandemie lernen?

Monja Denkert: Die Corona-Pandemie ist Impulsgeber und Katalysator für Digitalisierungsvorhaben. Bestehende Prozesse wurden in einer beeindruckenden Kurzfristigkeit den neuen Umständen angepasst. Gleichzeitig haben Verwaltungsmitarbeiter:innen auch Zweifel an der Nachhaltigkeit der angestoßenen Maßnahmen. Letztlich hat die derzeitige Krise den konkreten Nutzen der Digitalisierung verdeutlicht, jedoch auch aufgezeigt, an welchen Stellen noch etwas zu tun ist. Es ist also ratsam, angestoßene Innovationen und Potenziale auch nach Corona weiterzuverfolgen und den Schwung zu nutzen in Richtung eines „neuen Normals“. 

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Studie

Verwaltung in Krisen­zeiten

Die Studie „Verwaltung in Krisenzeiten“ untersucht, wie Verwaltungen in Zeiten der Corona-Pandemie die Herausforderungen ihres neuen Arbeitsalltags gemeistert haben. Sie liefert wertvolle Erkenntnisse über die Herausforderungen der Mitarbeiter:innen der Verwaltungen in der andauernden COVID-19-Krise und zeigt, wo es Optimierungspotenziale gibt.
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#Digitalisierung #Studie

Studie: Verwaltung in Krisenzeiten

Die Studie „Verwaltung in Krisenzeiten“ untersucht, wie Mitarbeiter:innen der Verwaltung ihren Job in der Krise wahrgenommen haben und wie die vermehrte Arbeit im Homeoffice funktioniert hat.