IMA2020: Keynote Marina Weisband | © Jakob Börner
Pressemitteilungen · 20.11.20

#IMA2020: Nichts ist mehr so, wie es war

Es war die 20. Auflage des Kongresses „Innovatives Management“. Erstmals wurde die Veranstaltung per Livestream übertragen, sodass trotz Corona mehr als 400 Teilnehmer:innen aus ihren Büros und Homeoffices dabei sein und mitdiskutieren konnten. Fazit des Treffens: Die Corona-Krise hat unser Denken und Handeln nachhaltig verändert. Verwaltungen erleben die Vorteile des mobilen Arbeitens und wollen Digitalisierung weiter vorantreiben.

Die Corona-Pandemie hat unser Leben auf den Kopf gestellt: „Nichts ist mehr so, wie es war“, sagte Rolf Sahre, Vorstandsvorsitzender der MACH AG, zum Auftakt des Kongresses unter dem Motto „Wendepunkt 2020 – Neues Denken, Arbeiten und Wirken in der öffentlichen Verwaltung“.

Von Konsument:innen zu Gestalter:innen

Was macht die Digitalisierung mit uns Menschen? Dieser Frage widmete sich Marina Weisband, Diplompsychologin und Expertin für digitale Partizipation und Bildung. Sie betrachtet den digitalen Umbau auch aus der Perspektive, wie er Macht, Kultur und Gesellschaft verändert. Durch digitale Medien seien wir besser informiert und vernetzt; die Kehrseite der Medaille ist allerdings: Auch Extremisten nutzten die digitalen Möglichkeiten, um ihre Botschaften zu verbreiten und neue Anhänger zu gewinnen. „Die Digitalisierung macht uns nicht besser oder schlechter, sie ist aber ein großer Verstärker“, betonte die Expertin. Die Menschen sollen von Konsument:innen digitaler Angebote zu Gestalter:innen werden – das ist ihr Ziel. Weisband forderte außerdem: „Wir müssen Digitalisierung als Werkzeug nutzen, das uns mächtig macht, weil wir Dinge entwickeln können“.

Das sagt Marina Weisband...

Digitales Krisenmanagement: Hausaufgaben nicht gemacht

Hinter die Kulissen von Krisen konnten die Teilnehmer:innen mit Krisenforscher Frank Roselieb blicken, geschäftsführender Direktor und Sprecher beim Krisennavigator – Institut für Krisenforschung. Für den Umgang mit der Pandemie – gerade im Digitalen – fand Roselieb kritische Worte: „Deutschland hat in der Vergangenheit seine Hausaufgaben beim digitalen Krisenmanagement nicht gemacht.“ So hätten beispielsweise Dänemark und Schweden bereits 2004 während der Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean ihre Bürger:innen vor Ort per SMS kontaktiert. In diesem Jahr habe Irland gezeigt, dass eine Corona-App auch für 800.000 Euro erstellt werde könne, während in Deutschland 60 Millionen Euro ausgegeben wurden. 

Die konstruktive Seite der Krise

Praxis trifft auf Wissenschaft – so lässt sich die Zusammensetzung der Podiumsdiskussion zusammenfassen. Zum Thema „Die konstruktive Seite der Krise: die öffentliche Verwaltung im Aufwind“ debattierten Holger Lehmann, Leiter des Leitungsstabs beim Informationstechnikzentrum des Bundes (ITZBund), Andreas Brohm, Bürgermeister von Tangerhütte, Rosa Thoneick, Stadtforscherin und Journalistin sowie Constantin Alexander, Dozent und Forscher für nachhaltige Stadtentwicklung. Christiane Stein, Moderatorin bei n-tv, führte durch die Diskussion, die lebhafte Beweise für Fortschritt und Wandel in Gesellschaft und Verwaltung durch Corona lieferte. In Tangerhütte hat es die Verwaltung um Andreas Brohm beispielsweise geschafft, kurz nach Beginn des Lockdowns, ein digitales Bürgerkonto anzubieten, über das die Einwohner:innen Dienstleistungen der Stadt online nutzen können. Und das ITZBund stand vor der Herausforderung, die Website des Robert-Koch-Instituts (RKI) für den millionenfachen Ansturm auf die Informationsangebote des RKI technisch zu meistern. Rosa Thoneick stellt fest: „Die Digitalisierung hat durch Corona einen großen Push bekommen. Das ist da und geht auch nicht wieder weg.“ Welche Potenziale die Digitalisierung auch jenseits der aktuellen Krise hat, betonte Constantin Alexander. Ohne die digitale Technik sei beispielsweise die Klimakrise nicht in den Griff zu bekommen.

Digitalisierung als Versöhnung der Disziplinen

Auf welche Weise Verwaltungen mittels Digitallaboren an Projekten zur Digitalisierung arbeiten, machten Christian Rupp, CIO des Joint Innovation Labs sowie der MACH AG, und Ernst Bürger, Ministerialdirigent im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, deutlich. Für Ernst Bürger ist einer der Vorteile eines Digitallabors: „Die Hierarchie wird an der Tür abgeben, es zählt nur die gute Idee.“ Denn die Digitalisierung bedeute die Versöhnung von unterschiedlichen Disziplinen. Bürger: „Mit diesen neuen Formaten können wir außerdem viel schneller zu Ergebnissen kommen.“ Christian Rupp hob die Vielzahl der unterschiedlichen Digitallabore in Deutschland hervor. Zudem verwies er auf eine Erkenntnis aus der Zusammenkunft der Europäischen Digitallabore am Tag zuvor: „An Digital first kommt keiner mehr vorbei.“

Das sagt Rosa Thoneick...

Über die "Amazonisierung" der Verwaltung

Unter dem Motto „Neues aus der Zukunft“ berichteten Prof. Dr. Dr. Robert Krimmer, Technische Universität Tallin, und Prof. Dr. Peter Parycek, Donau-Universität Krems, aus den jeweiligen Regierungslaboratorien. Krimmer will dabei die Verwaltung „amazonisieren“. Wer beim Online-Händler ein Buch kauft, bekommt automatisch weitere Angebote, die Käufer:innen interessieren könnten. Solch weiterführende Hinweise müssten auch Verwaltungen ihren Kund:innen machen, wenn sie eine Dienstleistung genutzt haben, fordert der Forscher. Parycek betonte einen wesentlichen Vorteil von Digitallaboren: „Dort kommen die unterschiedlichen Perspektiven aller Stakeholder zusammen.“ Prof. Dr. Gerhard Hammerschmid, Hertie School Berlin, präsentierte Ergebnisse zweier Umfragen unter jeweils rund 5.000 Verwaltungsmitarbeiter:innen und Bürger:innen. Ein Ergebnis: Knapp 40 Prozent der Verwaltungsmitarbeiter:innen konnten während des ersten Lockdowns im Homeoffice arbeiten, bei den Bürger:innen waren es zwei Drittel. 

Triumph der Hoffnung über die Erfahrung

Nach den unterschiedlichen Vorträgen und Diskussionen über die Auswirkungen der Corona-Krise sorgte der Sozialwissenschaftler und Optimismusforscher Prof. Dr. Jens Weidner für einen aufmunternden Schlusspunkt. Mit einer Prise Humor erklärte er, dass die sogenannten „Best-of-Optimisten“ am besten durch die Krise kommen. „Sie sind Meister der Risikoeinschätzung und setzen auf den Triumph der Hoffnung über die Erfahrung“, sagte Weidner. Denn: „Optimismus bedeutet nicht, jetzt gut gelaunt zu sein, Optimismus ist Vorfreude“.

Diese Vorfreude auf das, was die Digitalisierung noch bringen wird, hat auch die Konferenz „Innovatives Management 2020“ geweckt. Und das trotz, oder vielleicht auch teilweise aufgrund von Corona. Die Pandemie hat die Bedeutung digitaler Prozesse in das Bewusstsein vieler gebracht und den Systemwandel beschleunigt. Das haben die Praxisbeispiele aus der Zeit des ersten Lockdowns deutlich gemacht. Verwaltungen haben sich den Herausforderungen gestellt und schnell auf die veränderten Anforderungen reagiert. Es bleibt spannend, wie sich dieses Thema weiter entwickeln wird.

Das sagt Prof. Dr. Jens Weidner...

Impressionen #IMA2020

Weitere Videos und Fotos finden Sie auf unserer Veranstaltungsseite www.mach.de/ima

IMA 2020: Rolf Sahre eröffnet den Kongress | © Jakob Börner
Rolf Sahre, Gastgeber des Kongresses, eröffnet die Veranstaltung © MACH AG / Jakob Börner
IMA2020: Keynote Marina Weisband | © Jakob Börner
Dipl. Psychologin Marina Weisband sieht auch in Krisenzeiten großes Potenzial in der Digitalisierung © MACH AG / Jakob Börner
IMA2020: Krisenforscher Frank Roselieb bei seinem Vortrag | © Jakob Börner
Frank Roselieb kennt sich als Krisenforscher mit Krisen bestens aus © MACH AG / Jakob Börner
IMA 2020: Podiumsdiskussion mit Constantin Alexander, Rosa Thoneick, Andreas Brohm und Christiane Stein | © Jakob Börner
Die Podiums­dis­kus­sion liefert spannende Praxis­einblicke in die Digita­lisierung der Verwaltung © MACH AG / Jakob Börner
IMA2020: Christian Rupp im Austausch mit Moderatorin Christiane Stein | © Jakob Börner
Christian Rupp berichtet über die Konferenz der Digi­tal­labore © MACH AG / Jakob Börner
IMA 2020: Abschlussvortrag von Prof. Dr. Jens Weidner | © Jakob Börner
Optimismusforscher Prof. Dr. Jens Weidner blickt hoffnungsvoll in die Zukunft © MACH AG / Jakob Börner
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#Innovatives Management

Wie Ver­wal­tungen den Turbo zu­schalten

Rund 300 Führungskräfte aus Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft gingen auf dem Kongress "Innovatives Management" der Frage nach, wie Digitalisierung im öffentlichen Bereich schneller gelingen kann.